Interview mit der Gemeinde Neuried

Das folgende Interview durften wir bereits am 14. März 2016 von 14:30 Uhr bis 15:15 Uhr im Rathaus von Neuried, mit Herrn Zipfel, dem Ersten Bürgermeister, führen. Die Fragen und Antworten der Tonbandaufzeichnung haben wir anschließend thematisch sortiert und zu den jeweiligen Fragen zugeordnet.

Harald Zipfel, Erster Bürgermeister von Neuried

Harald Zipfel, Erster Bürgermeister von Neuried

Teilnehmer

  • Harald Zipfel (HZ): Erster Bürgermeister der Gemeinde Neuried
  • Robert Rimoczi (RR): Mitgründer der Bürgerinitiative Pro-Fürstenried
  • Christoph Söllner (CS): Mitgründer der Bürgerinitiative Pro-Fürstenried

Interview

CS: Ich stelle kurz vor, wer wir sind und wen wir vertreten. Wir haben uns als Bürgerinitiative zum Ziel gesetzt, auf unserer Webseite den Vorgang der Nachverdichtung so transparent wie möglich zu begleiten. Dazu möchten wir eine Plattform zur Diskussion bieten und die Meinungen und Statements möglichst aller Beteiligten und Betroffenen einholen und veröffentlichen. Insbesondere liegen uns natürlich unsere NachbarInnen am Herzen, sie sich aus verschiedenen Gründen bislang noch nicht zu Wort gemeldet haben.
HZ: Alles klar, lassen Sie uns beginnen.

RR: Im Gespräch war ja eine Verdichtung von 600 Wohnungen und zirka ein 40%-tiger Bevölkerungszuwachs. Wie sehen Sie das? Können wir den von der Infrastruktur her stemmen?
HZ: Wir wurden im Dezember per eMail über das Vorhaben informiert und sind ein bißchen davon überrascht worden. Eine Dame vom Architekturbüro (Anm. Pro-Fürstenried: die BVK hatte ein Architekturbüro beauftragt, einen „Testentwurf“ für 600 Wohnungen zu erstellen) hatte uns das Projekt in Fürstenried dann hier bei uns im Rathaus präsentiert und erläutert.

Für mich stellen sich natürlich die folgenden Fragen:

  1. Früher war unsere Grundschule Teilsprengel vom Nachverdichtungsgebiet, das heißt, daß auch hin und wieder einmal ein Kind aus München unsere Grundschule besucht hat. Wenn wir nun von 600 Wohnungen sprechen, gehe ich einmal von 300 Wohnungen mit Kindern aus, die irgendwo untergebracht werden müssen. Unsere Schule ist trotz Anbau vor einigen Jahren bereits heute schon erschöpft.
  2. Insbesondere vor dem Hinblick des jetzt kommenden Ganztagsschulkonzeptes und vor allem der geplanten Asylbewerberunterkunft in der Nähe des Neurieder Gewerbegebietes sehe ich einen Zuwachs in Fürstenried kritisch. Wir rechnen dort mit 100 bis 200 Kindern, die auch alle bei uns integriert werden müssen und auch unsere Schule besuchen werden.
  3. Unsere KiTa-Kapazität war schon vor einiger Zeit überlastet, deswegen haben wir letztes Jahr eine Krippe bauen müssen, um den Anforderungen des gesetzlichen Anspruchs (Anm. Pro-Fürstenried: ab einem Lebensjahr besteht Anspruch auf einen nahegelegenen Krippenplatz) gerecht zu werden. Im Moment können wir gerade so alle unterbringen, und müssen natürlich betonen, daß wir vorrangig Neurieder Kinder aufnehmen. Gastkinder gab es vereinzelt in der Vergangenheit, aber nur dann, wenn einmal ein Platz frei war.

Zusammenfassend kann ich sagen, daß unser Kindergarten, die KiTas, die Krippe, der Hort und unsere Grundschule derzeit ausgeschöpft sind, und sich das in Zukunft eher noch verschlimmern wird.

RR: Hat sich denn die Stadt denn zu den Schulplätzen geäußert im Rahmen der Präsentation?
HZ: Ich hatte gefragt, wo das neue Schulzentrum geplant ist. Platz gäbe es ja etwa neben den Tennisplätzen. Die Dame des Architekturbüros meinte daraufhin, daß das noch nicht fix sei (Anm. Profürstenried: Siehe auch unser Interview mit Herrn Inderst, dem Rektor der Grundschule an der Walliser Straße).

Karte Neuried

Karte Neuried mit Gemeindegrenze

CS: Wie sehen Sie den Punkt der steigenden Verkehrsbelastung?
HZ: Nun, aus Erfahrung weiß ich, daß viele unserer Bürger die Möglichkeit nutzen, entweder durch die Ammerseestraße oder die Appenzeller Straße zum Schweizer Platz zu gelangen. Wir wissen alle, wie die Situation insbesondere zu Stoßzeiten ist auf der Neurieder Straße und dann Richtung Liesl-Karlstadt-Straße. In die andere Richtung, nach Neuried oder zur M4 Richtung Gauting, gibt es auch nur zwei Wege, entweder die Münchener Straße oder eben die dort teilweise einspurige Neurieder Straße. Auch befürchte ich, daß ein Teil der Autos den Schleichweg über den Haderner Weg nimmt, um zur U6 zu gelangen, was sich natürlich auf Neuried auswirkt.

Wenn wir einmal von 300 neuen Autos ausgehen, die zusätzlich im Berufsverkehr unterwegs sind, dann müssen die irgendwo abfließen. Entweder durch die Ammerseestraße, die Neurieder Straße oder Richtung Großhadern zur U6. Auch sollten wir bedenken, daß Nebenstraßen nur eine begrenzte Kapazität haben und da gar nicht so viel Verkehr durchfließen soll.

Insgesamt erwarte ich dadurch eine deutlich erhöhte Verkehrsbelastung für unsere Gemeinde.

RR: Könnten Sie die sich dann einstellende Parkplatzsituation bewerten?
HZ: Im Moment ist die Parkplatzsituation schon sehr kritisch. Eine Menge Leute parken schon jetzt in der Münchener Straße in unserem Gemeindegebiet. Wenn die Stadt kein Parkplatzkonzept vorlegt, wird wohl eine Reihe der „Neuen“ auch in der Ammerseestraße parken und lieber über den Wall laufen (Anm. Pro-Fürstenried: Ein Durchgang ist geplant, siehe Fragenkatalog vom BA19 an das Planungsreferat).

Während es mit Anbauten eventuell noch mit einer Tiefgarage lösbar wäre, ist das bei Aufstockungen nicht möglich. Irgendwo müssen diese zusätzlichen Autos ja hinkommen, und die bestehende Tiefgarage ist -wenn überhaupt vorhanden- nun einmal für diese Mehrbelastung nicht ausgelegt.

Wenn die Stadt keine Lösung findet, die zusätzlichen Autos der neuen Wohnungen und die der dann wegfallenden Außenparkflächen unterzubringen, können wir uns nicht vorstellen, wie das jemals funktionieren soll.

CS: Wäre „autofreies Wohnen“ eine Alternative?
HZ: Eher nicht. Ich hatte selbst Freunde, die nach Riem gezogen waren, gerade wegen des neuen Konzeptes und dem autofreien Wohnen. Die ÖPNV-Anbindung ist dort ja sehr gut. Leider ist das Konzept nicht aufgegangen, weil die Hausbesitzer auf einmal fragten, wo sie denn ihre Autos parken sollen, wenn schon nicht in der Siedlung. Das hatte also nicht funktioniert.

RR: Könnten Sie eine Aussage zur Belastung des ÖPNV treffen?
HZ: In Spitzenzeiten, insbesondere morgens, sind wir schon überbelastet. In Freiham beispielsweise mit seinem Zuwachs von 17000 Menschen hat man sich das Verkehrskonzept bestehend aus S-Bahn und Busverkehr vorher überlegt. Wie soll das hier am Schweizer Platz im Berufsverkehr funktionieren? Wie werden unsere Buslinien zusätzlich belastet, die ja den Verkehr zum Feodor-Lynen-Gymnasium tragen?

CS: Wie schaut es denn mit Einzelhandel aus?
HZ: Neuried ist ja mit seinem Gewerbegebiet (Anm. Pro-Fürstenried: Tengelmann, Aldi, Rossmann, …) gut aufgestellt; deswegen wird im Ortskern kein neuer großer (über 800 m² Ladenfläche) Supermarkt entstehen. Für die geplante Verdichtung stellt sich allerdings die Frage, wie denn die Menschen zum Einzelhandel hinkommen, denn in Neuried gibt es sonst im Norden keine Gelegenheiten: Der Laden in der Ammerseestraße ist zu, und die Bellinzonastraße ist inzwischen bebaut.

Es führt also kein Weg an nahegelegenen Einkaufsmöglichkeiten vorbei, denn am Schweizer Platz können die nicht alle einkaufen gehen, der Supermarkt platzt sowieso schon aus allen Nähten.

CS: Könnten Sie etwas über die Pläne bezüglich Neurieder Wohnungsbau erzählen?
HZ: [Geht zur Karte] Wir haben nur noch wenige freie Flächen. Neben landschaftlichen Schutzgebieten haben wir noch einige Flächen, die bebaubar wären, uns aber aus verschiedenen Gründen nicht zur Verfügung stehen. Einzig am Hettlage-Grundstück wäre in naher Zukunft noch etwas zu machen, das wird sich aber erst ergeben. Wir wollten bei unter 10000 Bürgern bleiben, vielleicht werden das noch ein paar Hundert mehr, aber dann ist unsere Kapazität erschöpft.

RR: Alles klar, wie lautet denn Ihr Fazit?
HZ: Die Nachverdichtung wird definitiv Auswirkungen auf unsere Gemeinde haben, sei es auf unsere verkehrstechnische Infrastruktur, unsere Freizeiteinrichtungen (Sportplatz, Wald, etc.) oder auch unseren Einzelhandel. Wir wünschen uns deswegen von unserer Nachbargemeinde die Klärung der angesprochenen Punkte vorab.

RR, CS: Herzlichen Dank für Ihre Zeit.
HZ: Bitte, gerne.

 

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