Ein offener Brief an unseren Stadtrat

Unser Stadtrat braucht mehr Informationen!

Dieses Motto hatten sich einige Nachbarinnen und Nachbarn sehr zu Herzen genommen und einen offenen Brief an unseren Stadtrat verfaßt. Freundlicherweise haben sie uns von Pro-Fürstenried auch die Genehmigung erteilt, den Inhalt des Briefes (anonymisiert) zu veröffentlichen:

An den Stadtrat der Landeshauptstadt München

München, den 23. Februar 2016

Betreff: Bezugnahme auf die Stellungnahme des BA 19 vom 02.02.2016

Sehr geehrte Damen und Herren des Stadtrates,

In großer Sorge um unser Viertel Fürstenried West schreiben wir diesen Brief an Sie.

Wir lehnen nachdrücklich einen Neubau von 600 zusätzlichen Wohnungen ab,sondern schlagen vor, die Pläne weitaus maßvoller zu gestalten und auf maximal ca. 300 Wohnungen zu begrenzen. Die Siedlungsstruktur und die Lebensqualität soll für junge Familien, deren Kinder und auch die der älteren Menschen nicht massiv beeinträchtigt werden.

Es sind noch wesentliche, planerisch praxisbezogene Voruntersuchungen (lokale Begehungen!) und Überlegungen durchzuführen, bevor ein Architektenwettbewerb gestartet werden kann! Die guten Gründe, zumeist in der Stellungnahme vom BA19 angesprochen oder ausführlich abgehandelt, im Einzelnen:

Wohnungsanzahl, GFZ, GRZ, lokale Anordnung in der Siedlung

Wie sich eine Größenordnung von 600 Wohnungen berechnet, konnte bisher vom Baureferat nicht befriedigend dargelegt werden – es wurden keinerlei konkrete Einzelheiten der angegebenen Voruntersuchungen bekannt gemacht.

Es ist eine starke Versiegelung von Grünflächen und Fällungen vieler mehr als 40-jähriger, gesunder Bäume zu befürchten. Zunächst sind die aktuellen GFZ/GRZ-Daten bekanntzugeben. Entsprechend BA-Empfehlung gilt für die Planung eine GFZ von nicht größer als 1,2.

Eine Aufstockung bestehender Gebäude ist grundsätzlich zu überlegen, bisher fehlen aber statische Angaben aus Voruntersuchungen, welche der 3 – 8-stöckigen Gebäude mit einem Alter von bis zu 47 Jahren und in Plattenbauweise um wieviele Geschosse erhöht werden können.

Neue Baukörper müßten straßennah errichtet werden, gleichzeitig  aber auch unter großer Rücksichtnahme (Anlieger-Mitsprache!) bzgl. Verschattung und zu naher Sicht in benachbarte Wohnungen; für Hochhäuser  ist bei diesen Voraussetzungen kein Platz!

Neue Tiefgaragen dürfen auf keinen Fall unter bestehende Grünflächen gelegt werden (zusätzliche Versiegelung).

Verkehr, öffentlich und Individual

Wurde das zitierte Verkehrsgutgachten von einer unabhängigen Stelle durchgeführt und steht es auf einer wissenschaftlich-technisch fundierten Basis? Eine Veröffentlichung ist wichtig, um geplanten Konzepten den überzeugenden Rückhalt zu geben; möglicherweise muss ein ergänzendes Gutachten durchgeführt werden.

Wer sich im Umfeld der U-Bahn-Endstation „Fürstenried West“ wochentags oder im Berufsverkehr umsieht, kann nicht nachvollziehen, wie der öffentliche Verkehr, insbesondere die P&R-Situation einen 40%igen Anstieg der Anwohner verkraften soll; zumal Neubaugebiete wie z.B ‚Am Südpark‘, Fürstenried Ost und ‘Campus Süd’ mit mehreren tausend Neubürgern die U3 in beiden Richtungen in absehbarer Zeit sowieso an ihre Belastungsgrenzen bringen werden.

Entsprechendes gilt für den Individualverkehr: Sämtliche Straßenkreuzungen in der Nähe der U-Bahn-Endstation sind schon jetzt durch Pendler aus dem Würmtalgebiet und den durchfließenden Verkehr vom und zum nahen Autobahn-Anschluss sehr stark belastet; ein 40%iger Anstieg der Anwohner führt unausweichlich zu einer Überbelastung mit den bereits heute bestehenden Stau- , Luft- und Lärm-Problemen.

Die Parkplatzsituation in der Appenzeller Stasse und Umgebung ist unbefriedigend. Besonders am Abend gibt es keine Parkmöglichkeiten; Anwohner parken schon jetzt in der Forst-Kasten-Allee und die Anwohner von dort weichen nach Neuried aus.

Straßenerweiterungsprogramme in diesem Zusammenhang, sowie eine dadurch notwendige Anhebung des Stellplatzschlüssels von 0,7 auf 1,0 sind nur auf Kosten der unbedingt schützenswerten Grünzüge und Erholungsflächen durchführbar.

Soziale Infrastruktur

Alle bestehenden Schulen haben keine Kapazitäten mehr frei. Daraus resultieren u.U. zusätzliche geforderte Bauten.Junge Familien haben jetzt schon große Probleme, einen Kinderkrippen- oder Kindergartenplatz im Umkreis zu finden. Somit ist zu befürchten, daß sich die Situation der Kita- und Grundschulplätze durch viele Neumieter erheblich verschärft. Bei 300 neuen Wohnungen wäre das Schul- und Kitaproblem im Einzugsbereich vielleicht lösbar.

Eine zentrale Lebensmittelversorgung, sowie eine zentrale Gaststätte/Cafe fehlen bereits aktuell in der Siedlung.

Grünflächen und ökologischer Grünzug am Stadtrand

Wertvolle Baumbestände und Flächen mit Biotopcharakter (Hecken, hohe Gräser etc.) müssen unangetastet bleiben , besonders wegen ihrer Bedeutung für Vögel und andere Tiere: Stichwort „Gartenstadt“; die rückwärtigen großen Wiesenflächen könnten durch Bepflanzung in ihrem Erholungs- und Gartencharakter aufgewertet werden.

Die wertvollen Grünbereiche müssen unbedingt unter Einbeziehung von biologischen Fachleuten (Bund Naturschutz) vor der weiteren Planung in ihrem genauen Bestand erfasst werden.

Der wallartige Grünzug an der Grenze zu Neuried muss als wertvolles Zugvogelbiotop und Teil der „grünen Stadtrand-Achse“ unbedingt ohne Eingriffe mit seinem kompletten gesunden(!) Baum/Hecken-Bewuchs erhalten bleiben.

Wir bitten im weiteren Planungsverlauf um größtmögliche Transparenz und ein klares Mitspracherecht für uns Bürger!

Mit freundlichen Grüßen
Die Unterzeichner

Anmerkung Pro-Fürstenried: Bislang haben drei Stadträte geantwortet, einer der Grünen-Fraktion sogar sehr ausführlich. Wir haben allerdings noch nicht die Genehmigung zur Veröffentlichung seiner Antwort hier auf der Webseite.

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