Neue Abstandsmaße bei Neubauten – und keiner will sie haben

Liebe Nachbarn,

Sie haben das in den letzten Tagen sicherlich aus der Presse mitbekommen, daß nun ab dem ersten Februar 2021 neue Abstandsmaße zwischen Häusern gelten sollen in bayerischen Gemeinden. Ermöglicht wird dies durch eine Änderung der Bayerischen Bauordnung (BayBO), die schon letztes Jahr beschlossen wurde und jetzt eben in Kraft tritt.

Keine Sorge, Städte ab 250.000 Einwohner sind von den neuen Abstandsflächen verschont, aber auch das zu beglückende Umland zeigt sich größtenteils unbeeindruckt. Wir haben einmal einige Artikel zusammengestellt, die das belegen.

Ich greife auch gerne markante Zitate heraus, die uns allen komischerweise sehr bekannt vorkommen – hatten wir der SPD und der CSU im Stadtrat doch ähnliches vorgetragen vor Jahren, als es um Entscheidungen ging…

  • SZ 22.12.2020: Angst um die Grünflächen
    https://www.sueddeutsche.de/muenchen/fuerstenfeldbruck/kritik-an-reform-angst-um-die-gruenflaechen-1.5155996

    Maisach: Für Bürgermeister Hans Seidl (CSU) heißt dies aber, dass noch mehr Fläche bebaut werden kann, weniger Wind durch die Gemeinde weht und wegen des fehlenden Luftzugs die Erwärmung steigt.

    […]

    In Emmering steht vor allem die massive Vereinfachung des sogenannten Abstandsflächenrechtes in der Kritik, weil diese vor allem auf dem Land zu Nach- beziehungsweise Innenverdichtungen führen könnte, die nicht ins gewachsene Ortsbild passen.

    […]

    Durch geringere Abstandsflächen sei „eine Nachverdichtung, ein Zusammenrücken denkbar“, erläuterte Bauamtsleiter Markus Groß unlängst im Gemeinderat. Das würde die Größe der Grünflächen deutlich verringern, den Gartenstadtcharakter langfristig zerstören.

    […]

    In Germering werde gerade über eine solche [konservativ-erhaltende] Satzung diskutiert, sagt Stadtbaurat Jürgen Thum.

  • Münchner Merkur 22.01.2021: Ärger um neues Baurecht: Dichtere Bebauung unerwünscht
    https://www.merkur.de/bayern/aerger-um-neues-baurecht-in-bayern-dichtere-bebauung-unerwuenscht-zr-90177999.html

Viele Gemeinden sehen den Wohnfrieden in Gefahr – und erlassen eigene Satzungen

[…]

Der Nachteil: „Es wird alles ein bisserl enger“, wie Baurechtsexperte Simon sagt. Weniger Platz für Grün und Bäume, mehr Schatten vom Nachbargrundstück.

[…]

In Dachau zum Beispiel sind die Stadträte der Ansicht, die Novelle schade dem Stadtbild. Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) nannte die komplizierte Berechnungsweise einen „Wahnsinn“, sein Stellvertreter Kai Kühnel fürchtet gar eine „Orientalisierung Bayerns“ durch die dichtere Bebauung.

Auch das hochpreisige Starnberg stellt sich quer – um seinen Bürgern „ein Mindestmaß an Privatheit“ zu erhalten, wie Bürgermeister Patrick Janik (UWG) sagte.

[…]

Die Debatten, die hierzu in den lokalen Gremien geführt werden, sind durchaus leidenschaftlich. Die Bauordnung helfe vor allem den Bauträgern dabei, jeden Zentimeter Grundstück zu versilbern, heißt es da.

  • SZ 23.01.2021: Gemeinde will Abstand wahren
    Leider nur Printausgabe von heute.

[…]

Die Ziele „Erhaltung des Ortsbildes, des traditionellen Siedlungscharakters und der Wohnqualität“ in Gauting […] würde durch die geringere Abstandsflächen und höhere Verdichtung nachhaltig gefährdet.

[…]

Noch mehr Bauträger würden nach Gauting reindrücken.

[…]

Eine Absenkung wäre ein Dammbruch für die Urbanisierung Gautings.

Na sowas? Der Slogan „wir brauchen Wohnungen“ scheint für diese Gemeinden nicht zu gelten? Sollten da am Ende der heilige Sankt Florian seine Finger im Spiel haben? Lesen Sie mal: „…drücken noch mehr Investoren…“, ja, ist das denn etwa nicht wünschenswert? Sind doch die Heilsbringer, die durch Aufwertungen ganze Viertel beglücken?

Die Gemeinden haben etwas gegen Urbanisierung? Aber das war doch bisher erstrebenswert? Mehr Menschen auf weniger Fläche ist doch genau die Zukunft? Denken wir nur an all die vielen, besonderen und großen Vorteile!

Naja, Sie verstehen, wohin die Reise geht. Ich persönlich finde es beruhigend zu sehen, daß sich nun auch gestandene Bürgermeister -was absolut natürlich ist- öffentlich die gleichen Sorgen und Gedanken machen, die uns seit melr als vier Jahren auch begleiten und auch entsprechend handeln!

Vielleicht setzt in der Politik ja langsam ein Lerneffekt ein.

Schreiben Sie einen Kommentar...

Ihre eMail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.